Zum Hauptinhalt springen

Geschichte

Präsentiert von:

    Die Geschichte der BSG Stahl Brandenburg

    1. Die Anfänge (1950–1960)

    Die Geschichte der BSG Stahl Brandenburg beginnt am 20. November 1950, mitten in der Zeit des Wiederaufbaus nach dem Zweiten Weltkrieg. In Brandenburg an der Havel entstand damals eines der größten industriellen Projekte der jungen DDR: das Eisenhüttenkombinat Brandenburg (EKB), später das Stahl- und Walzwerk Brandenburg. Mit dem Aufbau der Hütte entstand auch der Wunsch, den Arbeitern und ihren Familien sportliche und gesellschaftliche Möglichkeiten zu bieten. So wurde die Betriebssportgemeinschaft Stahl Brandenburg gegründet.

    Die BSG war ein Kind ihrer Zeit. Wie viele Betriebssportgemeinschaften in der DDR wurde sie vom jeweiligen Trägerbetrieb finanziell und organisatorisch unterstützt. Unter dem Dach der BSG vereinten sich zahlreiche Sektionen – Fußball, Rudern, Kanu, Handball, Volleyball, Leichtathletik und viele andere. Ziel war es, den Werktätigen einen sportlichen Ausgleich zu bieten und gleichzeitig den Gemeinschaftsgeist im Betrieb zu fördern.

    Das Stadion am Quenz, das 1955 eröffnet wurde, wurde schnell zum sportlichen Zentrum der Stadt. Es war nicht nur ein Fußballplatz, sondern ein Symbol des Aufbruchs. Hier versammelten sich die Arbeiter nach der Schicht, um ihrer Mannschaft zuzujubeln. Schon in diesen Jahren bildete sich jene enge Verbindung zwischen Werk, Verein und Stadt, die die BSG bis heute prägt.

    Sportlich spielte die Fußballmannschaft zunächst in den unteren Klassen des DDR-Fußballs. Doch schon bald zeigte sich, dass in Brandenburg ehrgeizig gearbeitet wurde. Die Bedingungen im Verein verbesserten sich stetig, und der Fußball entwickelte sich zur wichtigsten Sektion der BSG.

    2. Der lange Weg nach oben (1960–1980)

    Die 1960er- und 1970er-Jahre waren von Aufbauarbeit geprägt. In dieser Zeit formte sich die sportliche Identität der BSG Stahl Brandenburg. Der Verein spielte lange Zeit in der Bezirksliga Potsdam und später in der DDR-Liga, der zweithöchsten Spielklasse der DDR.

    Unter Trainern wie Wilfried Klingbiel, Siegfried Ziem oder später Karl Schäffner wurde zielstrebig daran gearbeitet, den Verein sportlich weiterzuentwickeln. Das Stahlwerk unterstützte die Mannschaft, indem es Spielern Arbeitsplätze bot, Trainingszeiten ermöglichte und für eine solide Infrastruktur sorgte. Viele Spieler kamen direkt aus der Hütte – sie arbeiteten tagsüber an den Hochöfen und spielten am Wochenende Fußball für „ihre“ BSG.

    Diese enge Verbindung zwischen Betrieb und Sport war charakteristisch für die DDR-Zeit. Die BSG war Ausdruck der Arbeiterkultur, und der Verein war stolz darauf, eine echte Mannschaft aus der Mitte der Belegschaft zu sein. Fußball war nicht nur Sport, sondern ein Stück sozialistischer Lebenswelt – mit Stolz, Ehrgeiz und Kameradschaft.

    In den 1970er-Jahren gelang es der BSG, sich dauerhaft in der DDR-Liga zu etablieren. In dieser Zeit wuchs auch die Zuschauerbasis stetig. Das Stadion am Quenz war regelmäßig gut gefüllt, wenn die Blau-Weißen aufliefen. Der Traum vom Aufstieg in die Oberliga wurde langsam greifbar.

    3. Der große Durchbruch – Aufstieg in die Oberliga (1980–1984)

    Der Beginn der 1980er-Jahre markierte den sportlichen Aufbruch. Die Mannschaft entwickelte sich kontinuierlich weiter, junge Spieler aus dem eigenen Nachwuchs rückten nach, und die Unterstützung durch das Stahlwerk blieb stark.

    In der Saison 1983/84 war es schließlich soweit: Die BSG Stahl Brandenburg schaffte den Aufstieg in die DDR-Oberliga, die höchste Spielklasse der DDR. Der Aufstieg war ein historischer Erfolg – erstmals gehörte eine Mannschaft aus Brandenburg an der Havel zur Elite des DDR-Fußballs.

    Für die Stadt und das Werk war das ein Ereignis von großer Bedeutung. Die Oberliga-Spiele am Quenz zogen regelmäßig tausende Zuschauer an. Die Spiele gegen Dynamo Dresden, 1. FC Lok Leipzig, FC Carl Zeiss Jena oder den BFC Dynamo waren sportliche Höhepunkte, die in der ganzen Region Begeisterung auslösten.

    Die BSG Stahl Brandenburg war zu dieser Zeit nicht nur ein Fußballverein – sie war ein Aushängeschild der Stadt, ein Symbol des Stolzes und der Leistungsfähigkeit der Brandenburger Industriearbeiter.

    4.Europapokal 1986/87 – Die großen Nächte von Coleraine und Göteborg

    Der größte internationale Erfolg der BSG Stahl Brandenburg war die Teilnahme am UEFA-Pokal 1986/87. Ein Höhepunkt in der Vereinsgeschichte und ein sportliches Ereignis, das weit über Brandenburg hinaus für Aufsehen sorgte.

    Als Tabellensechster der DDR-Oberliga 1985/86 qualifizierte sich die BSG erstmals für den europäischen Wettbewerb. Der ganze Verein, das Stahlwerk und die Stadt fieberten diesem Abenteuer entgegen.

    1. Runde – Coleraine FC (Nordirland)

    In der ersten Runde traf Stahl auf den nordirischen Vertreter Coleraine FC. Das Hinspiel fand am 17. September 1986 in Nordirland statt und endete 1:1. Damit schuf sich die Mannschaft eine gute Ausgangsposition für das Rückspiel am 1. Oktober 1986 im heimischen Stadion am Quenz.

    Vor mehr als 15.000 Zuschauern spielte die BSG befreit auf und siegte mit 1:0. Der Treffer von Frank Jeske besiegelte den größten internationalen Sieg der Vereinsgeschichte. Nach Schlusspfiff kannte der Jubel keine Grenzen. Brandenburg an der Havel stand Kopf, und Stahl Brandenburg war im internationalen Fußball angekommen.

    2. Runde – IFK Göteborg (Schweden)

    In der zweiten Runde wartete mit dem IFK Göteborg der schwerstmögliche Gegner – Bereits UEFA-Pokalsieger von 1982 und einer der stärksten europäischen Klubs jener Zeit.

    Im Hinspiel in Göteborg musste sich Stahl mit 0:2 geschlagen geben, zeigte dabei aber eine kämpferisch starke Leistung gegen die technisch überlegenen Schweden. Im Rückspiel am Quenz gelang ein 1:1, wobei Jan Voß den zwischenzeitlichen Ausgleichtreffer erzielte. Trotz des Ausscheidens war die Leistung der Mannschaft aller Ehren wert.

    Ein Stück Fußballgeschichte

    Mit dem Gesamtstand von 1:3 schied die BSG Stahl Brandenburg gegen den späteren UEFA-Pokalsieger IFK Göteborg aus. Doch die Spiele gegen Coleraine und Göteborg bleiben unvergessen. Sie stehen für eine Zeit, in der der Quenz bebte, die Stadt vereint hinter ihrer Mannschaft stand und die „Stahlwerker“ aus Brandenburg Fußballgeschichte schrieben.

    Der Europapokal 1986/87 war mehr als nur ein sportliches Abenteuer – er war der Beweis, dass Leidenschaft, Zusammenhalt und harter Arbeitergeist es bis auf die große Bühne Europas schaffen können.

    5. Die Wende und der Kampf um den Neuanfang (1989–1995)

    Mit der Wende 1989 änderte sich alles. Der politische Umbruch bedeutete auch das Ende des Systems der Betriebssportgemeinschaften. Das Stahlwerk, jahrzehntelang Hauptträger und Unterstützer des Vereins, geriet in wirtschaftliche Schwierigkeiten. Förderungen fielen weg, die Strukturen lösten sich auf, und viele Spieler verließen die Region.

    Im Sommer 1990 wurde aus der BSG die SG Stahl Brandenburg. Der Verein musste sich im neuen, westdeutschen Fußballsystem zurechtfinden – mit neuen Anforderungen, finanziellen Zwängen und völlig anderen Bedingungen.

    Trotz aller Schwierigkeiten gelang ein beachtlicher sportlicher Erfolg: In der Saison 1991/92 spielte Stahl Brandenburg in der 2. Bundesliga Nord. Für einen ehemaligen DDR-Betriebsverein war das eine außergewöhnliche Leistung. Doch die wirtschaftlichen Probleme blieben, Sponsoren fehlten, und die Infrastruktur konnte mit dem Profi-Niveau kaum mithalten.

    Nach nur einer Saison musste der Verein wieder absteigen. In den folgenden Jahren pendelte Stahl zwischen Regionalliga und Oberliga. Die Zuschauerzahlen gingen zurück, das Stadion verfiel teilweise, und es begann eine Phase der Neuorientierung.

    6. Umbrüche und Neuaufbau (1996–2010)

    Die finanziellen und organisatorischen Herausforderungen der Nachwendezeit führten schließlich zu einem Neuanfang. 1998 wurde der Verein neu gegründet – diesmal unter dem Namen FC Stahl Brandenburg.

    Der sportliche Fokus verlagerte sich zunehmend auf den regionalen Amateurfußball. Dennoch blieb der Verein ein wichtiger Bestandteil des Brandenburger Sports. Mit großem Engagement arbeiteten Spieler, Trainer und Ehrenamtliche daran, die Tradition zu bewahren.

    In dieser Zeit entstand auch der Grundpfeiler für die heutzutage starke Jugendarbeit, die fortlaufend ein Markenzeichen des Vereins ist. Viele junge Spieler aus Brandenburg und Umgebung fanden hier ihre sportliche Heimat.

    Das Stadion am Quenz blieb weiterhin Mittelpunkt des Vereinslebens. Zwar verlor es etwas von seiner einstigen Größe, doch der Geist vergangener Tage war immer spürbar. Die Fans blieben treu, und der Ruf des „Stahlwerkerclubs“ blieb lebendig.

    7. Rückkehr zu den Wurzeln (2010–heute)

    Nach Jahren des Wandels besann sich der Verein zunehmend auf seine Wurzeln. Der traditionelle Name „BSG Stahl Brandenburg“ blieb im Bewusstsein der Fans und Mitglieder fest verankert.

    Am 1. Juli 2022 war es schließlich soweit: Der Verein nahm offiziell wieder seinen historischen Namen BSG Stahl Brandenburg an. Damit kehrte nicht nur der Name, sondern auch das Selbstverständnis des Vereins zurück – als Gemeinschaft aus Leidenschaft, Stolz und Tradition.

    Heute spielt die BSG im brandenburgischen Landesmaßstab, mit einer soliden Basis, einer engagierten Nachwuchsarbeit und einer lebendigen Fanszene. Das Stadion am Quenz, inzwischen modernisiert, bleibt das Herzstück des Vereins – ein Ort, an dem sich Geschichte, Emotion und Zukunft begegnen.

    Die BSG Stahl Brandenburg steht heute für Werte, die zeitlos sind: Arbeit, Stolz, Zusammenhalt und Herzblut. Der Verein hat Höhen und Tiefen erlebt, große Siege gefeiert und schwere Zeiten überstanden – und doch ist der „Stahlgeist“ ungebrochen.

    8. Fazit

    Die Geschichte der BSG Stahl Brandenburg ist ein Spiegelbild der Geschichte der Stadt selbst: geprägt von Arbeit, Wandel und Gemeinschaft. Vom Betriebssportverein eines Stahlwerks über den Oberliga-Teilnehmer bis hin zum modernen Traditionsverein hat die BSG alle Höhen und Tiefen des deutschen Fußballs durchlaufen.

    Der Verein ist stolz auf seine Vergangenheit, aber auch offen für die Zukunft. Das Feuer, das einst in der Hütte brannte, lodert weiter – auf dem Rasen, in den Herzen der Fans und in jeder neuen Generation, die das Trikot der BSG Stahl Brandenburg trägt.

    BSG Stahl Brandenburg – aus Stahl geboren, im Feuer gewachsen, am Quenz zuhause.